Kieferfehlstellungen

Diagnose der Kieferfehlstellung

Bei einem normalen, harmonischen Gesichtsprofil sind Kiefer-, Nasen- und Stirndrittel etwa gleich hoch. Die Bisslage (Verzahnung) ist normal (Neutralbiss). Bei einer Kieferfehlstellung muss dreidimensional analysiert werden, wo die Störung liegt:

Bei einem Rückbiss (Retrognathie) kann der Unterkiefer unterentwickelt sein und damit die Kinnspitze zu weit zurückliegen (mandibuläre Retrognathie) oder es kann der Oberkiefer, d. h. das Mittelgesicht zu weit vorstehen (maxilläre Prognathie). Bei einem Vorbiss (Prognathie) kann der Unterkiefer überentwickelt sein (mandibuläre Prognathie) und die Kinnspitze zu weit vorne liegen (Progenie). Es kann aber auch der Oberkiefer unterentwickelt sein(Mittelgesichtshypoplasie). Bei einem offenen Biss ist das untere Gesichtsdrittel zu hoch.

Bei einem tiefen Biss ist das Gegenteil der Fall. Sitzt der Oberkiefer zu tief, sieht man beim Lächeln zu viel Zahnfleisch (Gummy Smile). Von vorne betrachtet führt eine Seitverschiebung eines Kiefers (Laterognathie) zu einer Gesichtsasymmetrie. Ein weiteres Problem kann ein zu schmaler Kiefer darstellen. Neben der falschen Verzahnung (Kreuzbiss) und dem fehlenden Platz für die Zähne (Engstand) ist er auch ästhetisch von Nachteil, da ein „breites Lächeln“ mit gut sichtbaren Zähnen im Wangenbereich dem Schönheitsideal entspricht.

Chirurgische Korrektur

Nach Analyse der Kieferfehlstellung durch Untersuchung und Auswertung eines seitlichen Röntgenbildes, erfolgt die Planung der Korrektur. Das Grundprinzip der Operation ist einfach: Der zahntragende Bogen wird vom übrigen Knochen abgetrennt und in der gewünschten korrekten Stellung wieder mit ihm durch spezielle Verbindungstechniken verschraubt. Dabei können Ober- und Unterkiefer einzeln oder beide nach vorn, zurück, nach oben oder unten gesetzt, rotiert oder geschwenkt werden.

Ein zu schmaler Kiefer (meist der Oberkiefer) kann nach gezielter Knochenschwächung geweitet werden (gesteuerte maxilläre Expansion nach Lindorf). Nach dem gleichen Prinzip der Distraktion, d.h. Knochenverlängerung mit Durchtrennung und allmählichem Auseinanderziehen, können z.B. auch schwere Wachstumsstörungen im Unterkiefer behandelt werden. Verlagerungen einzelner Kiefersegmente (Segmentosteotomie) sind dagegen heute wegen der guten kieferorthopädischen Vorbereitung der Zahnbögen nicht mehr notwendig.

Kieferorthopädische Behandlung

Die Umstellungsoperation des Ober- und Unterkiefers kann im vollbezahnten Gebiss nur dann erfolgreich durchgeführt werden, wenn eine kieferorthopädische Vor- und Nachbehandlung die operative Therapie begleitet. Mit Hilfe der kieferorthopädischen Vorbehandlung werden die Zähne in ihrer Position so verändert, dass nach der Operation die Zahnreihen aufeinander passen. Die Zahnbögen werden ausgerundet und die Zähne in der richtigen Achsenrichtung eingestellt.

Diese Behandlung ist nur erfolgreich, wenn sich die geplante Operation tatsächlich anschließt, d. h. wenn dann auch tatsächlich eine korrekte Bisslage mit stabiler Verzahnung eingestellt wird. Nach der Operation wird vom Kieferorthopäden in der Regel noch die Feineinstellung der Zähne durchgeführt.

Operationsvorbereitung

Die Operation ist für ein erfahrenes Operationsteam ein sicheres, routinemäßiges und für Sie relativ wenig belastendes Verfahren. Sie kann jedem Patienten auch in höherem Alter guten Gewissens empfohlen werden.

In einem Aufklärungsgespräch und einem ausführlichen Merkblatt werden Sie über den Eingriff und mögliche Komplikationen informiert. Scheuen Sie sich beim Aufklärungsgespräch nicht, Fragen zu stellen, um alles zu erfahren was Sie wissen wollen. Fragen Sie auch ruhig Ihren Chirurgen nach der Zahl der Patienten, die er bereits so operiert hat, wie er es Ihnen vorschlägt. Die Erfahrung des Chirurgen ist gerade bei diesen Eingriffen von großer Bedeutung. Wenn Ihnen die Aufklärung genügt, entscheiden Sie sich, ob Sie in den vorgeschlagenen Eingriff einwilligen.

Die Operation sowohl des Unter- wie auch Oberkiefers erfolgt unter stationären Bedingungen in Allgemeinanästhesie (Vollnarkose). Weitere Untersuchungen, wie die 3D-Röntgendiagnostik, die genaue Gesichtsschädelvermessung (cephalometrische Untersuchung) und die Funktionsanalyse (zentrale Bissregistrierung), erfolgen durch uns ebenfalls ambulant und beanspruchen Sie nur wenig.

Bei langjähriger Fehlbisslage kann es durch die Fehlstellung und Fehlbelastung bereits zu vorzeitigen Verschleißerscheinungen an den Kiefergelenken gekommen sein. Vielleicht haben Sie schon einmal oder häufiger Kiefergelenkknacken bemerkt oder bereits Gelenksbeschwerden gehabt. Diese Verschleißerscheinungen lassen sich nicht rückgängig machen, durch die Umstellung wird aber die Belastungssituation in den Gelenken normalisiert. Trotzdem kann es im Einzelfall weiter zu Gelenkbeschwerden kommen.

Modelloperation und Splintherstellung

Der chirurgische Eingriff wird durch eine Modelloperation ambulant vorbereitet. Dazu werden Abdrücke beider Kiefer erstellt und diese in einem Artikulator schädelgerecht eingebracht. Ist hier die korrekte Position der Modelle gefunden, werden sogenannte Splinte (Ausgangssplint, Zielsplint) als Einstellhilfe für die Operation angefertigt.

Zu diesem Zeitpunkt muss durch die kieferorthopädische Vorbehandlung die Zahnstellung soweit reguliert sein, dass bei der Umstellung eine normale Bisslage mit möglichst guter Verzahnung erreicht wird. Da oft ein Weichgewebs- und Muskelzug eingeplant werden muss, der das Ergebnis wieder verändern würde, erfolgt ggf. die Einstellung in einer geringen „Überkorrektur“. Hier ist die Erfahrung des Operateurs von entscheidender Bedeutung! Kieferorthopädische Feinkorrekturen können dann nach der Operation noch erfolgen.

Computergestützte 3D-Planung

Nach einer digitalen Röntgenschichtaufnahme erfolgt die virtuelle Modelloperation, die Splintherstellung anschließend mit einem stereolithographischen Verfahren. Die virtuelle Planung wie auch die chirurgische Umsetzung erfordern einen erfahrenen Operateur, nur dann können die Möglichkeiten die diese Software bietet, auch sinnvoll eingesetzt werden. Mit einem speziellen Programm mit Weichgewebesimulation ist es außerdem möglich, schon vor dem Eingriff eine Vorhersage (Prediction) über das spätere Aussehen zu machen.

Operation

Der Eingriff erfolgt in Allgemeinnarkose. Bei der Unterkieferverlagerung wird zur Sicherung der Kiefergelenksposition mit dem Ausgangssplint die korrekte Lage der gelenktragenden Unterkieferäste eingestellt und diese am Oberkiefer fixiert. Danach wird der zahntragende Kieferbogen abgetrennt, mittels Zielsplint in die geplante korrekte Position eingestellt. Anschließend wird er wieder mit den gelenktragenden Kieferästen in einer speziellen gelenkschonenden Technik (Tandemverschraubung nach Lindorf) fest verschraubt. Die Tandemverschraubung ist nervschonend, erfordert einen kleineren chirurgischen Zugang (minimal invasiv) und vermeidet weitestgehend die Verlagerung der Gelenkköpfe.

Bei der Oberkieferosteotomie wird ähnlich vorgegangen. Der Kiefer wird oberhalb der Zahnwurzeln durchtrennt und vom Knochengerüst gelöst. In der neuen Stellung wird er ähnlich wie bei der Unterkieferosteotomie über einen zuvor angefertigten Einstellsplint am Unterkiefer festgeschnürt und dann beiderseits mit je einer über die Knochenspalten gelegten Titanplatte (Le Fort I-Platte nach Lindorf) am Knochenskelett befestigt.

Wenn eine Korrektur beider Kiefer erforderlich ist, wird mit einem schrittweisen Vorgehen mit der Doppelsplintmethode nach Lindorf eine schädelbezügliche Einstellung des Gebisses erreicht und so die dreidimensionale Planung in einem einzigen chirurgischen Eingriff exakt umgesetzt. Im Oberkiefer kann zur Verbesserung der Knochenheilung und Erhöhung der Stabilität eine Knocheneinlagerung im Spaltbereich (GBR-Technik) erfolgen.

Bei uns sind Sie in sicheren Händen – Professor Lindorf, PD von Wilmowsky und Kollegen – Mund Kiefer Gesicht Chirurgie Nürnberg
Bei uns sind Sie in sicheren Händen.

Nachsorge

Je nach Art der Operation werden Sie in der Regel zwischen dem 2. Und 5. Tag postoperativ entlassen. Wir bemühen uns grundsätzlich, den stationären Aufenthalt so kurz wie möglich zu halten. Am Entlassungstag sollen Sie sich in unserer Praxis vorstellen, dann erhalten Sie weitere Termine für die anschließenden ambulanten Kontrollen in unserer Dysgnathie-Sprechstunde. Diese sind bis zur knöchernen Konsolidierung nach 6 Wochen erforderlich. Dabei wird neben der Wundheilung auch kontrolliert, ob Veränderungen auftreten, obwohl sie kaum zu erwarten sind.

Wir kontrollieren die Heilung nach der Operation bis zu 2 Jahre lang. Ziel dieser Langzeitkontrolle ist die Früherkennung von Rezidiven. Darüber hinaus dient sie der systematischen Qualitätskontrolle. Während dieses Zeitraums, in der Regel 6-12 Monate nach der Umstellungsoperation, werden dann auch die zur Fixierung des Knochens verwendeten Schrauben und Platten in einem kurzen ambulanten Eingriff in Vollnarkose wieder entfernt.

Erfolgskontrolle

Die Zahl der bei uns vom gleichen Operationsteam operierten Dysgnathie-Patienten beträgt etwa 200 (!) pro Jahr. Für die einheitliche Bewertung der Ergebnisse unserer sorgfältig durchgeführten Langzeitnachuntersuchungen bezüglich Gelenksituation, Rezidiven und Sensibilität haben wir definierte Kriterien einführt (JRS-Index nach Lindorf). Unter anderem deren Auswertung hat zu unserer Entwicklung zahlreicher Operationsmethoden und geeigneter Instrumente beigetragen, die die Dysgnathie-Chirurgie sicherer, schneller und gewebeschonender (atraumatischer) machen. Unsere stabilen Langzeitergebnisse beruhen jedoch nicht nur auf unserer modernen Operationstechnik, sondern auch auf Routine und den langjährigen Erfahrungen unseres Operationsteams. Haben Sie deshalb Vertrauen. Wir informieren und beraten Sie gerne individuell und ausführlich.

Kosten

Die Kosten der Mindestmaßnahmen werden bei entsprechendem Schweregrad der Kieferfehlstellung von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Das sind die kieferorthopädischen Vor- und Nachbehandlungen (ohne Altersbeschränkung), die ambulanten Voruntersuchungen auf Narkosefähigkeit beim Hausarzt, der chirurgische Eingriff, die Vollnarkose und der Klinikaufenthalt.

Von den gesetzlichen Versicherungen nicht erstattet werden die 3D-Röntgendiagnostik und die klinische und instrumentelle Funktionsanalyse (zentrale Bissregistrierung) zur Herstellung der Einstellhilfen (Splinte), obwohl diese für eine exakte Planung und Erfolgssicherheit der Operation und für die Langzeitstabilität des Endergebnisses unverzichtbar sind. Diese Kosten müssen wir Ihnen deshalb nach der privaten zahnärztlichen Gebührenordnung in Rechnung stellen. Hierbei sind Härtefallregelungen möglich, wenden Sie sich also vertrauensvoll an uns, auch was die Kostenfragen betrifft. Ebenfalls privat berechnet werden muss eine 3-dimensionale computergestützte Planung und die Erstellung eines sogenannten Computerimagings (Prediction), womit der Patient bereits vor der Operation sein späteres Aussehen begutachten kann, außerdem natürlich zusätzliche rein ästhetische Korrekturen.

Professor Lindorf, PD von Wilmowsky und Kollegen – Mund Kiefer Gesicht Chirurgie Nürnberg

Prof. Lindorf, PD v. Wilmowsky
und Kollegen

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